Beauty-Mythen im Check Die 10 wichtigsten Kosmetik- und Beauty-Irrtümer

Genauso wie es «urbane Legenden» über Menschen und Geschehnisse gibt, die man kaum ausrotten kann, gibt es auch im Beauty-Bereich Behauptungen, die sich hartnäckig halten, obwohl sie definitiv ins Reich der Märchen gehören. Andere Beauty-Irrtümer wiederum basieren darauf, dass dank der Wissenschaft viele negative Aspekte von Produkten im Laufe der Zeit verbessert oder eliminiert werden konnten, diese Erkenntnisse sich aber noch nicht gegen den alten Wissensstand durchgesetzt haben.

Eine Hand hält einen roten Apfel.
Wie bei Schneewittchen, so auch in der Beauty-Industrie: Nichts als Märchen. © Priscilla Du Preez / Unsplash

Wie in vielen anderen Bereichen gibt es auch im Beauty-Bereich Mythen über die Anwendung und Auswirkungen von Kosmetik, die einfach nur falsch sind. Andere Irrtümer basieren darauf, dass der neuste Wissensstand und neue Produktentwicklungen noch nicht entsprechend bekannt sind. Genauso wenig wie Lippenpflegestifte abhängig machen oder Puder Poren verstopft, bekommt man von Schokolade auch keine Pickel. Im Folgenden erkläre ich dir auch wieso.

Hier also nochmals eine Auflistung solcher Beauty-Mythen und -Irrtümer, mit denen ich in meiner über 30-jährigen beruflichen Laufbahn immer wieder konfrontiert worden bin und im Folgenden richtigstellen möchte: 

Lippenpflegestifte machen abhängig

Falsch! Unsere Lippenhaut besitzt keine Talgdrüsen! Daher ist auch kein sogenannter Hydro-Lipidfilm vorhanden, welcher auf unserer Haut eine Schutzschicht bildet. Aus diesem Grund trockenen Lippen schneller aus und sollten regelmässig mit einem Lippenpflegestift behandelt werden. Wir können uns also lediglich an das angenehme, zarte Gefühl gepflegter Lippen gewöhnen, nicht aber die Haut von irgendwelchen Produkten abhängig machen.

Man kann seine Haut gar nicht genug pflegen

Falsch! Wer seine Haut nach dem Motto «viel hilft mehr» pflegt, kann eine böse Überraschung erleben: Zu intensive Pflege kann sogar zu Hautproblemen führen, denn unsere Haut ist nicht nur eine «Schutzhülle», sie ist auch ein Ausscheidungs- und Stoffwechselorgan. Je nachdem, mit welchen Produkten und Formulierungen eine Überpflege stattfindet, können auch Stoffwechselstörungen verursacht werden und langfristig Hautfunktionsstörungen auftreten. Dazu gehört, dass die Hydrolipidbarriere kaputt gehen und der Hautstoffwechsel sich verlangsamen kann.

Deshalb ist es wichtig, die Pflegeprodukte so gut wie möglich auf die Ansprüche der eigenen Haut abzustimmen und in der Regel eher weniger als zu viel auf einmal zu verwenden, damit die Haut die Möglichkeit bekommt, die Pflegestoffe auch richtig aufzunehmen.

Fettige Haut muss häufiger gewaschen werden

Falsch! Fettige Haut entsteht durch eine übermäßige Talgproduktion der Poren. Durch zu häufiges Waschen werden die Poren noch mehr aktiviert, da die Haut einen Fettfilm braucht, um nicht auszutrocknen. Deshalb fängt die Haut an, verstärkt Fett zu produzieren. «Porentiefe Reinheit» klingt zudem in der Werbung sehr gut, kann der Haut aber zu schaffen machen, wenn man es übertreibt, denn dadurch kann es leichter zu Bildung von Schüppchen und Hautrötungen kommen oder die Haut infiziert sich schneller mit Pilzen. Wer das Gesicht morgens und abends wäscht und mit einer fettfreien Creme eincremt, macht schon mal sehr vieles richtig.

Puder verstopft die Poren

Diese Aussage war vor vielen Jahren noch richtig. Damals wurden Puder auf der Basis von Reismehl beziehungsweise auch Reiskleie hergestellt. Die darin enthaltene Reisstärke quoll auf der Haut auf und verursachte die Verstopfung der Poren. Heute werden zur Herstellung von Gesichtspuder vorwiegend Mineralien und andere natürliche, hautfreundliche Stoffe verwendet, welche die Poren nicht verstopfen. Trotz allem sollte eine konsequente Hautreinigung morgens und abends durchgeführt werden.

Von Schokolade bekommt man Pickel

Falsch! Unreine Haut kann durch verschieden Faktoren entstehen: Hormone, falsche Pflege beziehungsweise Produkte oder einfach auch durch Veranlagung. Wissenschaftlich wurde bisher jedoch noch kein Zusammenhang zwischen einem grossen Appetit auf Schokolade und Pickeln gefunden werden. Nichtsdestotrotz kann eine schlechte und falsche Ernährung aber die Bildung von Pickeln durchaus begünstigen.

Cremen sollten am besten im Kühlschrank aufbewahrt werden

Nicht mehr richtig: Alle Cremen werden heutzutage auf ihre Stabilität geprüft. Sie werden unterschiedlichen Keimbelastungen ausgesetzt und müssen diesen auch bei Zimmertemperatur standhalten. Worauf man aber achten sollte ist das Symbol mit dem offenen Topf und der Zahl darin: Die Bezeichnung 6M bedeutet, dass die Qualität und Haltbarkeit der Creme 6 Monate nach dem ersten Öffnen garantiert ist - auch bei Zimmertemperatur. Wenn kein Verfallsdatum auf der Verpackung steht, kann man davon ausgehen, dass vegane Biokosmetik bis zu maximal 24 Monate und alle anderen Produkte bis zu 36 Monate ungeöffnet haltbar sind.

Häufiges Rasieren der Körperbehaarung verstärkt den Haarwuchs

Falsch! Die Rasur der Körperbehaarung hat keinen Einfluss auf das Haarwachstum. Die nachwachsenden Haare erscheinen lediglich wegen der Schnittkante des Haares dicker und stabiler. Ein Haar, welches nicht rasiert beziehungsweise nach dem Depilieren neu nachwächst, ist nach oben hin dünner verlaufend und wirkt dadurch feiner.

Hypoallergene Produkte sind besser für empfindliche Haut

Jein! «Hypoallergen» bedeutet, dass bestimmte Produkte so formuliert wurden, dass sie weniger wahrscheinlich zu allergischen Reaktionen führen. Der Begriff «Hypoallergen» ist gesetzlich jedoch nicht definiert, so dass er von jeder Kosmetikmarke beliebig genutzt werden kann: Je nach markeninterner Definition kann es unterschiedliche Richtlinien geben, wie die Formulierungen aufbaut sind. Hypoallergen ist somit kein Qualitätsversprechen, welches garantiert, dass die Produkte besser für empfindliche Haut sind.

Parabene sind schädlich für die Haut

Jein! Parabene begünstigen die Haltbarkeit eines kosmetischen Produkts und schützen das Produkt vor Bakterien und Pilzen. Auch sind sie in der Regel sehr gut hautverträglich und verursachen – im Gegensatz zu anderen Konservierungsmitteln – kaum Allergien.

Einige Parabene gleichen in der chemischen Struktur den Östrogenen (Hormone). Somit liegt wissenschaftlich nahe, dass der Hormonhaushalt negativ beeinflusst werden kann.

Forschende sind sich aber weitgehend einig, dass die Angst vor den Stoffen, solange ihre Konzentration unter den Grenzwerten bleibt, nach derzeitigem Kenntnisstand nicht begründet ist.

Es gibt eine Anzahl unterschiedlicher Parabene, die als nicht gesundheitsschädlich definiert worden sind. Unter Einhaltung der vom Bundesamt für Risikobewertung angegebenen Grenzwerte wurden Methyl- Ethyl-, Propyl- und Butylparabene als sicher eingestuft. Lediglich die folgenden Parabene wurden bereits 2014 verboten: Pentylparabene, Benzylparabene, Phenylparabene, Isopropylparabene, Isobutylparabene.

Parfüm verursacht an der Sonne braune Flecken auf der Haut

Jein! Es gibt tatsächlich gewisse Duftstoffe oder auch Alkohol, die solche Flecken an der Sonne auslösen können, doch inzwischen hat die Kosmetikindustrie mit «Sunproof»-Artikeln reagiert und Düfte auf den Markt gebracht, die keinen Alkohol und keine Inhaltsstoffe enthalten, die an der Sonne negative Auswirkungen auf die Haut haben.

Über Rolf Stehr

Rolf Stehr ist CEO bei der Stehr Cosmetics AG, gelernter Chemielaborant und Make-up-Artist. Davor beriet er Kosmetikunternehmen bei der inhaltlichen Optimierung ihrer Produkte. Neben seiner Arbeit im eigenen Unternehmen setzt er sein Fachwissen auch bei Talkshows und Kolumnen ein.

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